Piehnat
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Leben

Ich werde nie fertig

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Ich werde nie fertig. Und das ist auch gar nicht schlimm. Eigentlich ist es sogar mein natürlicher Aggregatzustand. Ich wollte schon seit Monaten meinen V-Server wechseln, weil mein aktuelles Paket regelmäßig japsend am Boden liegt, wenn ich wieder irgendwas Neues für die Familie draufwerfe. Konnte ich damals ahnen, was ich im Laufe der Zeit noch alles hosten würde? Natürlich nicht. Aber gut, Zeiten ändern sich, Menschen ändern sich, und meine Serverlast sowieso. Und trotzdem habe ich das Thema vor mir hergeschoben wie Steuererklärungen.

Heute dann die Mail von meinem Hoster. Neues Paket, mehr Ressourcen, weniger Geld. Mein erster Gedanke war natürlich nice. Mein zweiter Gedanke GEIL, Bruder, was kann ich da bitte alles an wunderbarer Open-Source-Software draufballern?! Laut Ausweis bin ich zwar Mitte Vierzig, aber mein Spieltrieb ist seit Jahren im Alleingang auf Adrenalin. Während andere in meinem Alter gemütlich in der immer gleichen Spur fahren, renne ich wie ein Golden Retriever ins Technik-Gebüsch, weil irgendwo ein neues Tool raschelt.

Manchmal treibt das meine bessere Hälfte in den Wahnsinn. Zum Beispiel damals, als ich aus Gründen der Unabhängigkeit von US-Techkonzernen beschloss, auf die iCloud zu pfeifen. Also habe ich meine Frau überredet, mit mir in die Nextcloud umzuziehen. Hat sie gemacht. Und Nextcloud ist großartig, aber wie WordPress irgendwann mutierte es von einer simplen Lösung zu einer ausgewachsenen Monsterkrake, die alles kann, außer schnell und schlank sein. Ich wollte nur Fotos und Notizen hosten. Dazu die iOS-Probleme. Fotos wurden nur hochgeladen, wenn ich die App öffnete. Und da mein Hirn gerne Dinge annimmt, die nie gesagt wurden, löschte ich Bilder auf dem iPhone in der Annahme, Nextcloud hätte sie schon. Hatte sie nicht. Natürlich nicht. iOS macht halt zuverlässig nur das, was Apple selber baut.

Am Ende waren wir so genervt, dass wir zu Filen wechselten, einem verschlüsselten deutschen Cloud-Speicher. Und was soll ich sagen, seit etwa einem Jahr läuft das jetzt, und ich bin zufrieden. Also wirklich zufrieden. Kein Zirkus, kein Gedöns. Nur Dateien, nur Fotos, nur Notizen. Genau das, was ich brauche und nichts, was mir im Weg steht. Natürlich gibt’s auch hier den gleichen iOS-Klassiker. Fotos werden erst hochgeladen, wenn ich die App öffne. Ja, man kann den Hintergrund-Upload aktivieren, aber zuverlässig ist anders. Dafür kann Filen aber genauso wenig wie Nextcloud. Das ist schlicht ein iOS-Problem, über das sich die Support-Threads seit Jahren stapeln.

Aber wie das Gras auf der anderen Seite nun mal immer giftgrün leuchtet, schielt mein Hirn natürlich wieder rüber zu Immich und Ente Photos. Für andere habe ich beide schon zigmal aufgesetzt. Für mich selbst nie lange getestet. Dabei ist Immich eine echte Google-Photos-Alternative. Und natürlich denkt mein Hirn beim tippen dieses Satzes gerade „KÖNNTE alles auf deinem neuen Server laufen".

Navidrome, mein selbst gehosteter Spotify-Ersatz, der brav meine komplette Plattensammlung verwaltet, läuft derzeit noch in einem Docker-Container auf dem Raspberry Pi. Könnte aber natürlich auch locker mit auf den neuen Server umziehen. Und überhaupt, Open-Source-Software ist wie ein Süßigkeitenladen, und ich bin das Kind, das nicht nur probieren, sondern auch alles einpacken will. Ob ich’s dann nutze? Egal. Hauptsache mal aufgesetzt und rumgespielt.

Und dann ist da noch HTMLy, mein Flat-File-Kumpel, der schnell ist, aber mich mit seiner Simplizität falls das Wort überhaupt existiert manchmal mehr einschränkt, als mir lieb ist. Dinge wie Posts anpinnen? Einen Microblog integrieren? Klar, geht irgendwie. Aber eben nicht so, wie ich’s gern hätte. Und wie’s bei mir oft läuft, wenn mich etwas nervt, bau ich es halt selbst. Also habe ich mir die letzten Tage ein eigenes Theme geschrieben. Radikal minimalistisch, Titel mit Datum davor, alles als Timeline untereinander, plus eine Microblog-Ansicht im Social-Media-Stil. Und eigentlich würde ich das am liebsten mit ClassicPress betreiben, WordPress in gut, ohne den Block-Editor-Zirkus. Und wo könnte ich das hosten? Richtig!

Was ich mir aber definitiv noch überlegen muss, wie ich verhindere, dass meine Microblog-Häppchen in Thomas Uberblogr landen? Ich mag den und habe dort viele nette Menschen kennengelernt, aber jede kleine Notiz und jedes Essen, das ich mal wieder stolz veganisiert habe, muss da nun wirklich nicht aufschlagen. Oder ganz raus, denn Leute nerven, ist das letzte was ich will.

Und dann lande ich wieder bei meinem Titel-Fazit. Ich werde nie fertig. Andere Menschen setzen Dinge auf und bleiben dabei. Ich offenbar nicht. Ich habe viel zu viel Spaß daran, neue Software zu entdecken, Dinge auszuprobieren, Lösungen zu suchen, weil natürlich nie etwas auf Anhieb funktioniert. Und ehrlich? Es gibt schlimmere Hobbys. Es kostet nichts, ich lerne viel und es macht mir einfach Freude.

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