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Barbie mit ChatGPT – Pink und völlig bescheuert

Also gut. Wir hatten Furby, wir hatten Tamagotchi, wir hatten sprechende Puppen mit fünf Sätzen auf Band. Und jetzt? Jetzt kriegt Barbie ein Sprachmodell verpasst. Kein Witz! Mattel hat sich mit OpenAI zusammengetan, um künftig KI-Spielzeug auf den Markt zu bringen. Ja, richtig gehört, Barbie wird künftig powered by ChatGPT. Ich frag mich nur, wer hier am meisten durchdreht, das Spielzeug, die Kinder oder die offensichtlich komplett besoffenen Erwachsenen, die das durchwinken.

Natürlich bleibt man in der Presseerklärung erst mal vage. Irgendwas mit „neue Formen des Spielens“ und „magischer Markeninteraktion“. Typisches Marketing-Tourette. Fakt ist, da kommt ein Produkt, das nicht nur blinkt und redet, sondern auch zuhört, mitdenkt und auf Kinder eingeht. Also auf dem Papier. In der Realität heißt das, ein KI-Modell, trainiert auf irgendwelchen Datenmengen, die keiner kontrollieren kann, trifft auf Kinder, die Realität und Fiktion noch nicht mal auseinanderhalten sollen, weil es ja um Fantasie geht.

Und da ist auch schon das Problem. Wenn Barbie plötzlich Antworten gibt, die statt von Menschen aus einem Sprachmodell kommen. Was passiert dann eigentlich? Ab wann wird aus „spielen“ eine unkontrollierte Mensch-Maschine-Beziehung?

Kindliches Vertrauen trifft algorithmische Halluzination.
Kinder haben nicht die Fähigkeit, eine KI emotional auf Abstand zu halten. Die sehen da kein Werkzeug, sondern einen engen Verbündeten, dem sie all ihre Geheimnisse anvertrauen. Und wenn Barbie plötzlich sagt, dass man abnehmen sollte, um hübsch zu sein, oder dass Freunde doof sind, wenn sie anderer Meinung sind? Ja, dann ist das eben nicht einfach ein „Ups, kleiner Bug“, sondern ein reales Problem mit realen Folgen.

Ich will nicht, dass irgendeine KI meiner Nichte erklärt, wie sie sich fühlen sollte. Oder was normal ist. Oder wie sie Konflikte löst. Und nein, das ist keine hypothetische Sorge. Sprachmodelle wie ChatGPT halluzinieren, sind voller versteckter Vorurteile und reagieren je nach Kontext auch mal komplett daneben. Die Dinger sind unterhaltsam, aber ganz sicher nicht für Kinder.

Datenschutz? Höchstens ein Sticker auf der Verpackung. Was passiert mit der Stimme meiner Nichte, wenn sie mit diesem Spielzeug redet? Wo landen diese Daten? Wer hat Zugriff? Werden die Gespräche analysiert, ausgewertet, kommerzialisiert? Natürlich wird da niemand ehrlich drauf antworten, aber die Vorstellung, dass ein KI-gestütztes Spielzeug still und heimlich Daten sammelt, ist nicht Science-Fiction. Es ist Default-Einstellung.

Und bevor jetzt wieder jemand „Aber Altersfreigabe!“ ruft, das geplante Mindestalter von 13 ist kein ethisches Schutzschild, sondern eine juristische Verlegenheitslösung. OpenAIs Nutzungsbedingungen lassen einfach keine Nutzung unter 13 zu, das war’s auch schon mit der Verantwortung.

Was machen wir hier eigentlich? Wir haben eine Generation, die jetzt schon kaum mit sozialen Medien klarkommt. Aufmerksamkeitsspannen brechen ein, echte Beziehungen werden durch Likes ersetzt, Dopamin durch Push-Benachrichtigungen. Und nun geben wir Kindern Spielzeuge, die sprechen, zuhören, analysieren, aber eben nicht verstehen. Die nicht sagen „Du hast Unrecht“, sondern „Wie fühlst du dich dabei?“ – solange der Prompt passt.

Es geht nicht darum, Technologie zu verteufeln. Ich nutze selbst Sprachmodelle, ich sehe Potenzial, ich sehe Nutzen. Aber was ich nicht sehe, ist Verantwortung. Nur weil man etwas machen kann, heißt das noch lange nicht, dass man es auch sollte. Ein Kinderspielzeug mit KI-Integration ist keine kreative Idee, es ist ein Scheunentor für Manipulation, emotionale Abhängigkeit und datengetriebene Auswertung kleiner Persönlichkeiten.

Was Mattel hier plant, ist nicht innovativ, sondern grob fahrlässig. Ein Spielzeug, das KI-Interaktion simuliert, ohne dass irgendwer nachvollziehen kann, was da gesagt wird, ist kein Fortschritt, es ist ein PR-Stunt mit eingebauter Langzeitwirkung. Und während irgendwelche Manager sich selbst feiern, weil sie „AI Magic“ auf eine Packung gedruckt haben, entsteht im Kinderzimmer ein Gespräch, das nie hätte stattfinden dürfen.

15 Antworten auf „Barbie mit ChatGPT – Pink und völlig bescheuert“

Erstaunlich, wie schnell wir in einer Cyberpunk-Dystopie gelandet sind. Gar nicht lang her, da war „Kinderspielzeug wird von einem bösen Mega-Konzern mit ungetesteter, unregulierter künstlicher Intelligenz ausgestattet“ das Drehbuch für kitschige SciFi-Horror Filme. Jetzt ist es real und alltäglich.

Furby 2.0, aber diesmal spioniert dich das Spielzeug tatsächlich aus. Ich schätze, sie hatten in den 90ern einfach nur noch nicht die nötige Technik.

Dann plätten eben Barbie und Ken den Planeten und nicht Terminator. Warum sollte sich die Realität an jede Vorlage halten🤡

Das ist die gruseligste Nachricht die seit längerer Zeit gelesen habe. Aber war ja klar, dass Techgiganten die Gelegenheit nutzen um direkt bei den Kleinkindern schon zu sammeln, Profile zu bilden und zu manipulieren.

Angesichts der Tech-Broligarchen und ihrer diversen Ideen durchlebe ich grade ein Umdenken bezüglich meiner bisherigen Ablehnung manch brutalerer Aspekte der Französischen Revolution.

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