Ein Plädoyer für Open Source Software

Stell dir vor, du kaufst ein Auto, aber der Hersteller sagt dir: „Schön, dass du es fährst, aber die Motorhaube bleibt zu. Was da drinnen passiert, geht dich nichts an. Vertrau uns einfach.“ Genau so funktioniert proprietäre Software. Du bekommst ein schickes Produkt, aber was es im Hintergrund genau treibt, bleibt ein wohlgehütetes Geheimnis – möglicherweise eines, das nicht immer in deinem besten Interesse liegt.

Open-Source-Software dagegen gibt dir nicht nur die Schlüssel zum Auto, sondern auch das Werkstatthandbuch, das Ersatzteillager und die Freiheit, den Turbo einzubauen oder die Bremsen zu checken, wann immer du möchtest. Der Quellcode – quasi die Bauanleitung der Software – ist öffentlich zugänglich.

Wenn der Quellcode offenliegt, können unabhängige Experten, Hobbyentwickler und selbst misstrauische Nerds wie ich mit zu viel Freizeit nachprüfen, ob die Software heimlich deine Daten absaugt, Sicherheitslücken hat oder einfach nur schlecht programmiert ist. Und auch wenn kaum jemand den ganzen Code selbst überprüft – außer er hat verdammt viel Zeit und eine Schwäche für C++ – bleibt die Tatsache bestehen: Allein die Möglichkeit, dass jederzeit jemand mit Adleraugen darüber schaut, diszipliniert die Entwickler. Denn nichts wirkt so saubernd wie der Gedanke, dass jemand jederzeit mitlesen kann.

Diese Transparenz führt nicht nur zu mehr Vertrauen, sondern auch zu besserer Sicherheit. Wenn zehntausende kluge Köpfe weltweit Schwachstellen suchen dürfen, finden sie diese meist schneller, als ein Konzern seine eigenen Bug-Bounty-Programme überhaupt gestartet bekommt. Sicherheitslücken werden so oft schneller geschlossen, was dich als Nutzer am Ende weniger angreifbar macht. Und selbst wenn du selbst kein Entwickler bist: Auch du profitierst. Wenn eine App etwa ungefragt Standortdaten sendet oder Daten klaut, kann jemand anderes es herausfinden und öffentlich machen – das schützt dich, selbst wenn du den Code nicht verstehst.

Ein weiterer Vorteil: Open Source bedeutet Unabhängigkeit. Wenn ein Konzern plötzlich seine Software einstellt oder sich zurückzieht, bist du als Nutzer oft aufgeschmissen. Bei Open-Source-Projekten kann die Community den Code weiterpflegen oder sogar forken – also unabhängig weiterentwickeln. Das gibt dir langfristige Sicherheit und Stabilität.

Wer spezielle Anforderungen hat, kann Open-Source-Software oft auch gezielt anpassen – sei es durch kleine Änderungen oder Erweiterungen. Das ist bei geschlossener Software meist unmöglich oder nur teuer über Umwege möglich.

Weil der Quellcode offenliegt, können Programmiererinnen und Programmierer daran lernen. Wer wissen will, wie echte Software gebaut wird, findet in Open-Source-Projekten Beispiele, an denen man wachsen kann – und kann sogar erste eigene Beiträge leisten.

Proprietäre Software bindet dich oft langfristig – etwa durch geschlossene Dateiformate oder spezielle Funktionen, die es nur dort gibt. Open-Source-Software nutzt dagegen meist offene Standards. Das heißt: Du bleibst flexibler und kannst leichter wechseln, wenn du willst.

Weil Open-Source-Programme offen sind, können sie oft leichter mit anderen Programmen zusammenarbeiten. Offene Schnittstellen und Standards machen es einfacher, verschiedene Werkzeuge zu verbinden – das schafft mehr Freiheit bei der Wahl deiner Software.

Natürlich kann auch Open-Source-Code Fehler enthalten oder von Böswilligen manipuliert werden – willkommen in der echten Welt. Aber im Vergleich zu Software, die niemand von außen kontrollieren darf, stehen die Chancen erheblich besser, dass Probleme früh erkannt und gelöst werden.

Jetzt wirst du vielleicht einwerfen, dass Open Source doch chaotisch sei, weil ja „jeder dran rumwerkeln kann“. Klar, nicht jedes Projekt ist ein Meisterwerk der Softwarearchitektur. Aber es ist ja nicht so, als würde proprietäre Software immer glänzen. Schon mal Windows benutzt? Eben.

Viel wichtiger ist: Durch die Offenheit entsteht ein globales Team von Freiwilligen, Enthusiasten und sogar Unternehmen, die gemeinsam dafür sorgen, dass die Software besser, sicherer und anpassungsfähiger wird. Dieses Schwarmwissen schlägt oft sogar die hochbezahlten, aber überarbeiteten Entwicklertruppen mancher Konzerne.

Bekannte Open-Source-Programme sind zum Beispiel der Firefox-Browser, der VLC-Player oder das Betriebssystem Linux – Software, die Millionen Menschen täglich nutzen.

Vergessen wir aber nicht, dass es „die“ Open-Source-Lizenz nicht gibt. Mit unter anderem der GPL (GNU General Public License), der MIT-Lizenz, der Apache-Lizenz, der BSD-Lizenz oder der Mozilla Public License (MPL) gibt es viele Varianten. Manche von ihnen sagen grob ausgedrückt „Mach damit, was du willst, nur erwähn uns bitte“, während andere – wie die GPL – sagen: „Du darfst alles nutzen, aber wenn du’s veränderst, musst du es auch wieder offenlegen.“ Diese Regeln schaffen Fairness, fördern Zusammenarbeit und verhindern, dass ein schlauer Fuchs einfach alles klaut und dann zumacht. Auch das ist Freiheit, nur eben mit Spielregeln.

Ganz unter uns: Open-Source-Projekte sind meist aus Leidenschaft geboren, nicht aus Profitgier. Die Leute machen das, weil sie es können und weil sie an die Idee glauben. Klar, manchmal versanden Projekte oder werden schlecht gepflegt, weil niemand ewig kostenlos schuften will. Aber genau da kannst du selbst aktiv werden – sei es durch Spenden, Bug-Reports oder sogar eigene Beiträge. Es gibt keine bessere Möglichkeit, ein bisschen Nerd-Ehre zu sammeln.

Und ja, auch die „großen Jungs“ spielen mittlerweile bei Open Source mit. Microsoft, Google, Meta… sie alle veröffentlichen Open-Source-Software. Natürlich nicht aus purer Menschenliebe, sondern weil sie erkannt haben, dass Offenheit Innovation beschleunigt und Vertrauen schafft. Persönlich glaube ich aber auch, weil sie sich so elegante Wege offen halten, Standards zu setzen. Wenn man in all dem etwas Positives sehen will, könnte man sagen: Du profitierst von ihnen, denn du bekommst mächtige Werkzeuge, auf denen du aufbauen kannst – ohne dich komplett auszuliefern. Ob du das willst, sei dir überlassen.

Und die Message?

Für mich bedeutet Open Source digitale Selbstverteidigung, Transparenz und Freiheit. Es gibt Kontrolle zurück in einer Welt, in der immer mehr Konzerne versuchen, dir die Kontrolle über deine eigenen Geräte und Daten zu entreißen. Wenn du also das nächste Mal eine Software brauchst, schau erst mal, ob es eine gute Open-Source-Alternative gibt. Denn dann weißt du: Du hast nicht nur ein Produkt, du hast ein Werkzeug, das dir gehört. Mit offenem Motorraum, ehrlichem Handbuch und einer globalen Werkstatt voller Leute, die dir helfen, wenn du nicht weiterweißt. Besser kann Software eigentlich nicht sein.

4 Kommentare

Erik 2. Mai 2025 Antworten

Ich bin auch ein großer Open Source-Fan. Ich nutze Linux, Firefox, LibreOffice, KeepassX, NotepadQQ, Krita uvm.

Die Qualität ist in den meisten Fällen der proprietären Software ebenbürtig, manchmal sogar besser. Durch die riesigen Werbebudgets hat die Software von Microsoft, Adobe und Google aber leider immer noch eine größere Verbreitung.

Piehnat 2. Mai 2025 Antworten

Das kann ich für mich fast so unterschreiben, müsste nur noch Nextcloud, Navidrome und die ein oder andere Kleinigkeit hinzufügen. Ursprünglich wollte ich mir das vor einigen Jahren einfach nur mal alles ansehen, aber dann wurden aus nem kleinen Webspace irgendwie Server, Raspberry Pi‘s etc.. wenn einen das Fieber erstmal packt..;-)

Micha 2. Mai 2025 Antworten

Zu meiner Schande oder eher Egalität(was ein Wort) muss ich gestehen, nie wirklich über Themen wie datenschutzfreundliche Alterntativen nachgedacht zu haben. Ich war immer einer der wohl typischen iPhone User, die es sich im Nest bequem gemacht haben und alle Services wie Cloud etc aus deren Hand genutzt haben, weil es eben auch wirklich gut miteinander harmoniert. Das ist das Gute aber auch das Schlechte daran. Begonnen zu überdenken habe ich es erst in den letzten Monaten und den Entwicklungen in den USA. Mein iPhone werde ich behalten, weil es technisch einfach gut ist, aber meine Mails sind jetzt bei Proton, ich nutze Vivaldi als Browser, weil ich gutes darüber las, habe Facebook gelöscht, versuche meine Familie und Freundeskreis gerade zum Umstieg auf Signal zu bewegen, was aber nicht so wirklich klappt und denke, dass mein Ausstieg aus dem Apple und Google Kosmos wohl Schritt für Schritt weiter geht. Was ich gern hätte wäre diese Nextcloud, von der in letzter Zeit viele reden, aber ich bin technisch zu unbegabt, mir das zu konstruieren.

Piehnat 2. Mai 2025 Antworten

Böse Zungen würden sagen nice, dass die US-Entwicklungen für ein Umdenken bei Menschen wie dir sorgen, doof halt nur, dass unter all dem Menschen in den USA leiden. Was den Wunsch nach einer Nextcloud angeht, guck dir mal die Storage Share bei Hetzner an. Da steckt eine Nextcloud mit glaube 1 TB Speicher für rund 5 Euro im Monat dahinter, die ist zwar im Funktionsumfang gegenüber einer selbst gehosteten Nextcloud leicht beschnitten, aber vielleicht reicht es ja. Und was den Umstieg auf Signal angeht, ich habe auch lange versucht, Leute zu überreden, aber dann irgendwann beschlossen, dass ich mir von deren „Faulheit“ sich einen zweiten Messenger zu installieren nicht meine Privatsphäre zerstören lasse und hab Whatsapp einfach deinstalliert. Wer wirklich dringend was will, findet dann plötzlich doch den Weg zum Anruf oder meine Mailadresse.Bleib dran, Peace.

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