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DNS4EU ist live

Na schau an, die EU hat’s getan. Mit DNS4EU startet ein eigener DNS-Resolver-Dienst, direkt aus Europa, mit DSGVO-Stempel und der stolzen Mission, endlich digital etwas unabhängiger von Google, Cloudflare & Co. zu werden. Aber was steckt dahinter? Wer braucht’s? Und worauf solltest du achten, bevor du wild deine Resolver-Adressen umstellst? Lass uns das mal in Ruhe auseinandernehmen.

Was zur Hölle ist überhaupt ein DNS-Resolver?

Falls du beim Wort „DNS“ nur an deinen DSL-Router denkst, hier ein schneller Crashkurs. DNS steht für Domain Name System, quasi das Telefonbuch des Internets. Du gibst piehnat.de ein, der DNS-Resolver fragt im weltweiten Netz nach „Ey, welche IP-Adresse steckt eigentlich hinter dieser Domain?“ Und zack, du landest auf der richtigen Website.

Normalerweise übernehmen das Dienste wie Google DNS (8.8.8.8) oder Cloudflare (1.1.1.1). Schnell, zuverlässig, aber halt auch aus den USA. Und wie viel die über deine DNS-Anfragen speichern, weißt du im Zweifel nie so ganz genau.

DNS4EU: Europäische Antworten auf amerikanische Fragen

DNS4EU will genau da ansetzen. Ein europäischer DNS-Dienst, der nicht nur datenschutzfreundlicher sein soll, sondern dir gleich noch die Wahl zwischen verschiedenen Schutzstufen gibt.

DNS4EU Überblick

Alle Varianten funktionieren mit klassischem DNS, DNSover-HTTPS (DoH) und DNS-over-TLS (DoT) also natürlich verschlüsselt, damit dein Provider nicht bei jeder DNS-Anfrage mitliest. IPv6 ist ebenfalls am Start.

Datenschutz: EU-konform oder nur schöner Anstrich?

Laut den Betreibern ist Datenschutz natürlich oberste Priorität. Keine personenbezogenen Daten, keine IP-Adressen, die irgendwo protokolliert werden. Alles anonymisiert, alles DSGVO-konform, so zumindest das offizielle Versprechen. Sogar eine eigene „Resolvers Policy“ ist öffentlich einsehbar. Das klingt erstmal nicht schlecht.

Aber, und da kommt mein innerer Paranoiker ins Spiel, wer kontrolliert das eigentlich wirklich? DNS4EU wird derzeit von Whalebone betrieben, einem tschechischen Unternehmen, das sich auf Netzwerksicherheit spezialisiert hat. Klingt erstmal nicht nach Datenkrake, aber wer sagt, dass das in Zukunft so bleibt?

Die Filterlisten basieren auf bekannten Projekten wie GoodbyeAds, also Open-Source-Listen, die auch in Blockern wie Pi-hole oder AdGuard verwendet werden.

Kommerzialisierung ab Ende 2025

Bis hierhin klingt alles halbwegs sinnvoll und dann kommt der Satz: „Eine Kommerzialisierung ist geplant.“

Ab Ende 2025 soll DNS4EU also Geld verdienen. Wie genau? Noch unklar. Wahrscheinlich gibt’s dann Premiumfeatures für Unternehmen, kostenpflichtige APIs oder sonst irgendwas aus der Buzzword-Hölle.

Aber warum eigentlich? Wenn das Projekt doch von der EU kommt, also von Steuergeldern bezahlt wird, warum wird es nicht dauerhaft als öffentliche, neutrale Infrastruktur betrieben?

Klar, auch ein DNS-Dienst kostet Geld. Aber wenn am Ende wieder private Firmen das Ruder übernehmen, dann sind wir genau da, wo wir eigentlich weg wollten, bei der Abhängigkeit von kommerziellen Playern.

Zensurgefahr? Noch nicht – aber beobachten solltest du das schon

Aktuell gibt es keine Anzeichen dafür, dass DNS4EU irgendwas zensiert. Keine blockierten „unliebsamen“ Seiten oder ähnliches. Das Projekt steht noch am Anfang.

Und mit Blick auf politische Entwicklungen wie die Chatkontrolle, Uploadfilter oder Netzsperren sollte man nicht blind vertrauen. Ein zentral betriebener DNS-Dienst kann theoretisch zensieren, auch wenn er das heute noch nicht tut.

DNS4EU ist ein zweischneidiges Schwert: digitale Souveränität auf der einen Seite, staatliche Kontrolle als mögliches Risiko auf der anderen. Der Grat ist schmal, und wie sich das entwickelt, bleibt offen.

2 Antworten auf „DNS4EU ist live“

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